Panik und Scham – die Folgen von Vergewaltigung

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Panik und Scham – die Folgen von Vergewaltigung

Bedrohliche Dunkelheit

Frau T. kann nicht im Dunkeln schlafen. Immer muss ein kleines Licht eingeschaltet bleiben, die Tür zu einem erleuchteten Flur hin wenigstens halb geöffnet sein. Sie lebt in einem Altenheim, ist 80 Jahre alt, sehr freundlich und zuvorkommend zu allen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern, ebenso zu allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Pflegeleicht“, sagen einige. Doch sie besteht unerbittlich und beharrlich darauf, nicht im Dunkeln schlafen zu können. Sie braucht Licht.
Eines Nachts ist das Altenheim von einer Stromstörung betroffen und es dauert fast 30 Minuten, bis die Elektrizitätsversorgung wieder in Gang kommt. In dieser dunklen halben Stunde schreit Frau T. so schrill und so verzweifelt, dass die Nachtschwester sie nicht beruhigen kann und ihr schließlich ein Schlafmittel verabreicht. Am nächsten Tag ist Frau T. verstört.

Frau T. ist am Ende des Zweiten Weltkriegs als junges Mädchen von russischen Soldaten vergewaltigt worden. Dieses Schicksal traf viele Frauen und Mädchen in diesen Jahren, zumeist in den von der russischen Armee eroberten Gebieten im Osten und in der Mitte des damaligen Deutschlands, zahlreich aber auch im Südwesten Deutschlands, als dieser von der französischen Armee besetzt wurde.
Frauen und Mädchen wussten in diesen Zeiten, dass sie sich verstecken mussten. Sie flüchteten sich in Kellerlöcher, Dachverschläge, Höhlen und an andere Orte, die zumeist im Dunkeln lagen. Dunkelheit ist für sie seitdem mit Angst und großen Gefahren verbunden. Nachts war die gefährlichste Zeit, in der die Soldaten kamen, oft betrunken. Frauen und Mädchen waren Freiwild. Wer dies erlebt hat oder davon Zeuge wurde, wird unbewusst alles dafür tun, dass dies nicht wieder geschieht. Der Körper warnt: Dunkelheit ist gefährlich, existenziell gefährlich. Dieser Notfallvorsorgemechanismus des Körpers ist mächtiger als der Verstand, der vielleicht sagt, hier und heute im Dunkel eines geschützten Schlafzimmers könne mir nichts passieren. Das Herz sagt, der Organismus sagt: Dunkelheit ist gefährlich, Dunkelheit bedeutet massive Bedrohung. Deshalb regieren manche alte Menschen mit Angst und Panik auf Dunkelheit.

Der Beitrag Panik und Scham – die Folgen von Vergewaltigung erschien zuerst auf Alter und Würde.

By | 2023-03-21T09:00:48+00:00 21. März 2023|Zusammenfassung|Kommentare deaktiviert für Panik und Scham – die Folgen von Vergewaltigung

About the Author:

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer der Zukunftswerkstatt therapie kreativ. Vorsitzender der Stiftung Würde, Er hat gemeinsam mit Dr. Gabriele Frick-Baer die Kreative Leibtherapie und gemeinsam mit Dr. Claus Koch die Beziehungspädagogik entwickelt. Mitleiter des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB) und der Plattform www.kinderwürd-udo-baer.de, Autor zahlreicher Fach- und Sachbücher und anderer Veröffentlichungen.

Panik und Scham – die Folgen von Vergewaltigung

Bedrohliche Dunkelheit

Frau T. kann nicht im Dunkeln schlafen. Immer muss ein kleines Licht eingeschaltet bleiben, die Tür zu einem erleuchteten Flur hin wenigstens halb geöffnet sein. Sie lebt in einem Altenheim, ist 80 Jahre alt, sehr freundlich und zuvorkommend zu allen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern, ebenso zu allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Pflegeleicht“, sagen einige. Doch sie besteht unerbittlich und beharrlich darauf, nicht im Dunkeln schlafen zu können. Sie braucht Licht.
Eines Nachts ist das Altenheim von einer Stromstörung betroffen und es dauert fast 30 Minuten, bis die Elektrizitätsversorgung wieder in Gang kommt. In dieser dunklen halben Stunde schreit Frau T. so schrill und so verzweifelt, dass die Nachtschwester sie nicht beruhigen kann und ihr schließlich ein Schlafmittel verabreicht. Am nächsten Tag ist Frau T. verstört.

Frau T. ist am Ende des Zweiten Weltkriegs als junges Mädchen von russischen Soldaten vergewaltigt worden. Dieses Schicksal traf viele Frauen und Mädchen in diesen Jahren, zumeist in den von der russischen Armee eroberten Gebieten im Osten und in der Mitte des damaligen Deutschlands, zahlreich aber auch im Südwesten Deutschlands, als dieser von der französischen Armee besetzt wurde.
Frauen und Mädchen wussten in diesen Zeiten, dass sie sich verstecken mussten. Sie flüchteten sich in Kellerlöcher, Dachverschläge, Höhlen und an andere Orte, die zumeist im Dunkeln lagen. Dunkelheit ist für sie seitdem mit Angst und großen Gefahren verbunden. Nachts war die gefährlichste Zeit, in der die Soldaten kamen, oft betrunken. Frauen und Mädchen waren Freiwild. Wer dies erlebt hat oder davon Zeuge wurde, wird unbewusst alles dafür tun, dass dies nicht wieder geschieht. Der Körper warnt: Dunkelheit ist gefährlich, existenziell gefährlich. Dieser Notfallvorsorgemechanismus des Körpers ist mächtiger als der Verstand, der vielleicht sagt, hier und heute im Dunkel eines geschützten Schlafzimmers könne mir nichts passieren. Das Herz sagt, der Organismus sagt: Dunkelheit ist gefährlich, Dunkelheit bedeutet massive Bedrohung. Deshalb regieren manche alte Menschen mit Angst und Panik auf Dunkelheit.

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By | 2023-03-21T09:00:48+00:00 21. März 2023|Zusammenfassung|Kommentare deaktiviert für Panik und Scham – die Folgen von Vergewaltigung

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Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer der Zukunftswerkstatt therapie kreativ. Vorsitzender der Stiftung Würde, Er hat gemeinsam mit Dr. Gabriele Frick-Baer die Kreative Leibtherapie und gemeinsam mit Dr. Claus Koch die Beziehungspädagogik entwickelt. Mitleiter des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB) und der Plattform www.kinderwürd-udo-baer.de, Autor zahlreicher Fach- und Sachbücher und anderer Veröffentlichungen.