Menschen, die unter Aggressivität und Gewalttätigkeit leiden oder von ihr bedroht sind, brauchen Solidarität. Alleinsein produziert Hilflosigkeit und kann sie verewigen. Was heißt Solidarität mit Pflegenden? Sie muss mehr sein als eine Proklamation oder ein Satz in Leitbildern einer Einrichtung. Sie muss tätige Unterstützung beinhalten und die Atmosphäre bestimmen.
Zuerst einmal bedarf es eines offenen und enttabuisierenden Umgangs mit Aggressivität und Gewalttätigkeit. Dies muss sich selbstverständlich auf aggressive und gewalttätige Handlungen gegenüber alten Menschen beziehen, aber eben auch, wie wir immer wieder betonen, auf aggressives und gewalttätiges Verhalten gegenüber Pflegenden. Wenn es eine Kultur der Entschuldigung und der Verniedlichung gibt, wenn Schweigen und Tabuisierung vorherrschen, dann bedeutet das, dass die von Aggressivität und Gewalttätigkeit betroffenen Menschen mit ihren schlimmen Erfahrungen allein gelassen werden. Über Erfahrungen von Gewalttätigkeit und Aggressivität hinwegzugehen, heißt – meist ungewollt – dass die Täter unterstützt werden und die Opfer ihnen ausgeliefert bleiben. Deshalb appellieren wir vor allem an die Leiter/innen der Einrichtungen und die anderen Führungskräfte, konsequent und vorbildlich dafür Sorge zu tragen, dass über alle Vorfälle, in denen Aggressivität und Gewalttätigkeit eine Rolle spielen, ganz gleich ob verbal oder handfest, informiert und gesprochen wird. Das sollte Aggressivität und Gewalt gegen alte Menschen, zwischen alten Menschen untereinander sowie von alten Menschen gegen Pflegende betreffen. In der Übergabe, in Teambesprechungen, in der Supervision – überall!
Udo Baer, Gabriele Frick-Baer, Gitta Alandt: Wenn alte Menschen aggressiv werden Rat für Pflegende und Angehörige, BELTZ Verlag, ISBN: 978-3-407-85986-0
Der Beitrag Für eine Kultur der Gewaltlosigkeit Teil 1: Solidarität und Achtsamkeit erschien zuerst auf Alter und Würde.