Agitiertheit, Teil 2: Agitiertheit bei demenziellen Erkrankungen

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Agitiertheit, Teil 2: Agitiertheit bei demenziellen Erkrankungen

 

 

Jede demenzielle Erkrankung beunruhigt. Wer sich nicht mehr mit sich und der Welt zurechtfindet, wird verunsichert, wird „aus der Bahn“ geworfen. Das kann zu agitiertem Verhalten, ja zu Aggressivität führen. In der Unruhe äußert sich meist die Beunruhigung, dass nichts mehr so ist, wie es war. Wenn ein demenziell erkrankter Mensch mehrmals am Tag Menschen nicht wiedererkennt, von denen er spürt, dass er sie kannte, ja kennen sollte, dann ruft das meist Schamgefühle hervor und baut Spannung auf. Diese Spannung kann sich in agitiertem Verhalten entladen.

Frau Schlesig sitzt in der Cafeteria des Altenheims. Als ein anderer Bewohner sie grüßt, schaut sie verständnislos und verwirrt. Sie blickt ihm nach und steht mit ihrem Stock mühsam auf. Dann läuft sie hin und her. Ihre Augen flackern. Sie schimpft leise vor sich hin.

Die Erfahrung ihrer Scham und ihrer Unzulänglichkeit hat sie in Unruhe versetzt und zu agitiertem Verhalten geführt. Hier begegnen wir einem weiteren, häufig anzutreffenden Aspekt agitierten Verhaltens: Es tritt häufig auf, ohne dass ein „Grund“ oder Anlass ersichtlich ist. Wer genau beobachtet, kann wie bei Frau Schlesig den Ausgangspunkt dieses Verhaltens erkennen, hier die Begegnung mit dem anderen Bewohner. Doch oft sind solche Zusammenhänge nicht ohne weiteres oder gar nicht sichtbar.

Frau Schlesig steigert sich in ihre Unruhe hinein, immer mehr. Sie klopft mit ihrem Stock aggressiv auf den Boden und schimpft immer lauter. Andere Bewohner/innen beginnen sich zu fürchten.

Aggressive Gefühle müssen nicht negativ sein. Wer sich ärgert oder zornig und wütend ist, kann einen Grund haben. Auch demenziell erkrankte Menschen können sich zu Recht über schlechtes Essen oder unfreundliche Behandlung ärgern. Dies muss nicht gleich Ausdruck der Erkrankung sein. Doch oft mündet die Verunsicherung, die durch die Erkrankung hervorgerufen wird, in Aggressivität. Aggressive Gefühle sind bei allen Menschen ein Ausdruck davon, dass man etwas anders haben möchte. Wer an Demenz erkrankt ist, will an der Situation, an der Erkrankung, an der Scham, an der Überforderung, an der Hilflosigkeit etwas ändern. Das drückt sich in Unruhe, Agitiertheit bis zu Aggressionen aus. Der Ärger ist oft ziellos, weil das Ärgernis so wenig greifbar ist.

Auch wenn aufkommende Agitiertheit unbeachtet bleibt, kann sie sich hochschaukeln und in Aggressivität münden. Frau Schlesigs Unruhe findet keine Beachtung, kein Gegenüber und somit keine Grenzen. Die Schwelle zur Aggressivität ist schnell überschritten.

Die Schlussfolgerung für Pflegende aus dem Gesagten ist eindeutig: Demenziell erkrankte Menschen brauchen Beachtung, brauchen Sicherheit und Halt, damit die Beunruhigung nicht in Agitiertheit und Aggressivität umschlagen kann. Wie diese im Einzelfall aussehen kann und sollte, ist unterschiedlich je nach Person. Oft hilft eine Ansprache, manchmal schon ein verstehender Blick oder eine Berührung.

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By | 2019-03-13T09:00:20+00:00 13. März 2019|Zusammenfassung|Kommentare deaktiviert für Agitiertheit, Teil 2: Agitiertheit bei demenziellen Erkrankungen

About the Author:

Dr. phil. (Gesundheitswissenschaften), Diplom-Pädagoge, Kreativer Leibtherapeut AKL, Mitbegründer der Zukunftswerkstatt therapie kreativ. Vorsitzender der Stiftung Würde, Er hat gemeinsam mit Dr. Gabriele Frick-Baer die Kreative Leibtherapie und gemeinsam mit Dr. Claus Koch die Beziehungspädagogik entwickelt. Mitleiter des Pädagogischen Instituts Berlin (PIB) und der Plattform www.kinderwürd-udo-baer.de, Autor zahlreicher Fach- und Sachbücher und anderer Veröffentlichungen.