Der Schock
Eine Diagnose Demenz bzw. Alzheimer-Demenz ist ein Schock für alle Beteiligten. Ich betone noch einmal: alle Beteiligten. Diese Diagnose beinhaltet nicht nur eine Information, sondern ruft wesentliche emotionale Schockwellen hervor. Es ist ein Einschnitt zwischen dem Vergangenen und dem Zukünftigen, zwischen vorher und nachher. Dieser Schock, dieser Einschnitt muss gewürdigt werden.
Oft folgt aus der Demenz-Diagnose nur das Bemühen um mehr Wissen. Wie hängt die Demenz mit anderen Lebensfaktoren zusammen? Was kann man tun? Was muss man beachten? Sich um dieses Wissen zu kümmern oder als ratende und helfende Person dieses Wissen zu vermitteln, ist wichtig und notwendig. Doch wir haben oft erlebt, dass zumindest in den ersten ein bis zwei Wochen die beteiligten Menschen so geschockt sind, dass das Wissen gar nicht an sie herankommen kann. Sie können es nicht aufnehmen, weil sie gelähmt sind und weil damit ihre Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten, reduziert ist. Dies müssen helfende Menschen wissen. In den ersten ein bis zwei Wochen geht es vor allem darum, den Schock zu verarbeiten. Erst dann kann Wissen aufgenommen werden.
Den Schock zu verarbeiten, das bedeutet, ihn auszusprechen und ihn mit anderen Menschen zu teilen. Es gibt keinerlei Programme, den Schock zu reduzieren oder zu entfernen. Das Entscheidende ist erstens, ihn zu akzeptieren: Dass es eine schockierende Information ist, die die Menschen erschüttert. Noch entscheidender ist zweitens, dass dann darüber geredet werden kann. In der Familie. Mit Außenstehenden. Mit allen, die es interessiert und bewegt.
Der Beitrag Der Diagnoseschock. Wie die Demenz-Diagnose Familienbeziehungen durcheinanderwirbelt und was dann helfen kann, Teil 2: Der Schock erschien zuerst auf Alter und Würde.